Bis vor Kurzem war der eSport wohl noch eines der unbekanntesten Massenphänomene unserer Zeit. Doch in den letzten Jahren hat sich dieses Bild gewandelt: Das kompetitive Spielen von Video- und Computerspielen ist aus den heimischen Kinderzimmern bis in die größten Stadien unserer Städte vorgedrungen. eSportler werden seither genauso gefeiert, wie die Superstars herkömmlicher Sportarten. Eins wird dabei klar: eSportler sind nicht mehr nur Gamer. Doch sind sie vielleicht sogar Arbeitnehmer?
Der Arbeitnehmerbegriff
Wer Arbeitnehmer ist, bestimmt sich in Deutschland seit dem 01.04.2017 nach § 611a BGB. Hiernach kommt es auf die Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit an, wobei sich das Weisungsrecht auf Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit beziehen kann.

Philipp Schlotthauer (Dipl.-Jur. Univ.) Wissenschaftlicher Mitarbeiter | Juristische Fakultät Universität Augsburg
Daneben dürfte es auch darauf ankommen, ob der Dienstleistende in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist. Wann diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist letztlich immer eine Frage des Einzelfalls und ergibt sich aus einer Gesamtschau (§ 611a I 4 BGB) aller Umstände der tatsächlichen Durchführung des Rechtsverhältnisses (§ 611a I 6 BGB). Eine abstrakt-generelle Aussage, ob eSportler Arbeitnehmer sind, lässt sich daher nicht treffen.
Der eSportler als Arbeitnehmer
Obwohl keine generelle Einordnung der eSportler als Arbeitnehmer möglich ist, lassen sich doch bestimme typische Tätigkeitsprofile im eSport finden, bei denen man davon ausgehen kann, dass es sich bei diesen wohl um die Arbeit eines Arbeitnehmers handelt.
Für eine solche Einordnung sollte man zunächst den Hobbyisten vom Amateur- und Profi-eSportler abgrenzen. Ersterer wird seiner Tätigkeit in aller Regel als Selbstzweck und ohne jede Weißungsbindung oder Eingliederung in ein Unternehmen nachgehen und ist daher zweifellos kein Arbeitnehmer. Bei den Amateur- und Profi-eSportlern kann dies anders sein: Diese sind in zahlreichen Fällen durch ihre Organisationen dazu verpflichtet, regelmäßig zu trainieren, an Wettbewerben teilzunehmen und etwaige Werbeauftritte zu absolvieren. Die bloße Verpflichtung zu solchen Tätigkeiten ist jedoch nicht bereits ausreichendes Indiz für die Annahme der Arbeitnehmerstellung. Hinzukommen muss, dass der eSportler nicht frei darüber entscheiden kann, zu welcher Zeit und an welchem Ort er diesen Tätigkeiten nachgeht.
Starkes Indiz für die Arbeitnehmerstellung ist die Weisungsgebundenheit des eSportlers hinsichtlich des Arbeitsortes. Doch gerade dieser spielt im eSport nur eine untergeordnete Rolle. Für das gemeinsame Training, für Online-Turniere und selbst für einige PR-Aktivitäten ist es nicht zwingend erforderlich, dass sich der eSportler an einem bestimmten realen Ort befindet. Handelt es sich um einen Solo-Player, ist dies im Zweifel sogar völlig unbeachtlich. Eine Bindung an den Ort der Organisation ist damit grds. nicht notwendig, auch wenn diese in einigen Fällen (bspw. bei Gaming-Häusern) besteht. Denkbar wäre es daher, stattdessen den virtuellen Arbeitsort als Anknüpfungspunkt zu wählen, da der Spieler letztlich daran gebunden ist, im Spiel anwesend zu sein.
Hinsichtlich des Inhalts und der Durchführung der Tätigkeit sind die meisten eSportler ebenfalls sehr frei, sodass diese Merkmale nicht ausschlaggebend sind. Letztlich bleibt in einigen Fällen nur die zeitliche Bindung der Spieler, die sich jedoch meist eher aus der Natur der Sache als aus einer Weisung des Arbeitgebers ergibt.
Betrachtet man die Tätigkeit eines eSportlers also losgelöst vom Einzelfall, könnte der Eindruck entstehen, dass dieser aufgrund der geringen Weisungsbindung kein Arbeitnehmer ist. Dies verkennt jedoch, dass im konkreten Einzelfall meist doch zahlreiche Weisungen des Dienstberechtigten bestehen. Gerade hinsichtlich der PR-Tätigkeiten und der Teilnahme an Wettbewerben dürften die meisten professionellen eSportler in der Realität nur wenig Entscheidungsspielraum haben.
Fazit
Es zeigt sich, dass der eSportler im Einzelfall bei der Gestaltung seiner Tätigkeit sehr frei ist. Dies ist jedoch kein auf den eSport begrenztes Phänomen, sondern eine Folge der Digitalisierung der Arbeitswelt. Daher kann man trotz der teilweise geringen Weisungsbindung des eSportlers im professionellen Bereich von dessen Arbeitnehmereigenschaft ausgehen.
Autorin: Philipp Schlotthauer (Dipl.-Jur. Univ.)
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