Lootboxen – Die digitale Wundertüte?

Wenn Lootboxen (auch Loot Crate oder Prize Crate) erspielt werden, ohne dass für sie etwas gezahlt wird, dann ist deren Inhalt wirklich eine Beute, wie es der Name Lootbox bereits andeutet. Wenn für die Lootboxen dagegen etwas gezahlt wird, dann sind wir im Bereich des (Rechts-)Kaufs (in Deutschland Kauf i.S.d. §§ 433, 453 Abs. 1 BGB). Die Frage, ob diese Käufe rechtmäßig sind und der Kaufpreis behalten werden darf, ist bisher kaum untersucht.

Bei einem Kauf durch Minderjährige sind die üblichen rechtlichen Grenzen zu beachten. Aber auch beim Kauf durch Volljährige kann die Wirksamkeit der Verträge fraglich sein. Maßgeblich ist, ob der Kauf von Lootboxen illegales Glückspiel ist, sodass der Kauf gem. § 134 BGB i.V.m. § 284 Abs. 1 StGB nichtig ist.

Illegales Glücksspiel?

Damit ein illegales Glücksspiel vorliegt, muss es um ein Spiel gehen, bei dem die Beteiligten zur Unterhaltung oder aus Gewinnstreben ein ungewisses Ereignis über den Gewinn oder Verlust eines eines nicht ganz unbeträchtlichen Vermögenswertes entscheiden lassen, 

Lootboxen-die-digitale-wundertuete_Expertenbild

Prof. Dr. Martin Maties
Professur für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht sowie Methodenlehre | Universität Augsburg

dessen Eintritt nicht wesentlich von Aufmerksamkeiten, Fähigkeiten oder Kenntnissen der Spieler, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt. Das Zufallselement ist den Lootboxen bereits immanent. Es ist auch unerheblich, um was für ein Video- oder Computerspiel es sich handelt oder ob dieses für eSport geeignet ist, denn es kommt darauf an, ob der Inhalt der Lootbox wirtschaftlich etwas wert ist. Der Preis für die jeweilige Lootbox ist hierfür von untergeordneter Bedeutung, da eine Vielzahl von Lootboxen erworben werden kann, sodass die Unerheblichkeitsschwelle unproblematisch überschritten ist. Die Gewinnmöglichkeit ist hingegen eher problematisch. Eine solche ist gegeben, wenn nach dem Erwerb und dem Öffnen der Lootbox der Vermögenssaldo erhöht sein kann. Was nur möglich ist, wenn der virtuelle Gegenstand einen eigenständigen Wert hat.

Gibt es einen Marktplatz?

Hier ist nach neuerer (von mir entwickelter) Auffassung daher danach zu differenzieren, ob es für den Gegenstand (Inhalt) der Lootbox einen Markt gibt, auf dem auch reales Geld für die virtuellen Gegenstände gezahlt wird (gleichzustellen ist der Kauf einer virtuellen Währung, die ihrerseits zum Kauf der Lootbox eingesetzt wird). Anderenfalls kann man dem Gegenstand keinen Wert zuordnen und es besteht keine Gewinnmöglichkeit. Sollte ein solcher Markt durch den Publisher ausgeschlossen sein (so einige Publisher), ist dies wohl rechtlich unbedenklich. Etwas anderes gilt, wenn der Publisher eine Marktplattform eröffnet oder zumindest ermöglicht.

Sollte so illegales Glückspiel anzunehmen sein, so ist der Kaufvertrag nichtig (§ 134 BGB). D.h. der Kaufpreis für die Lootbox ist nicht geschuldet und kann vom Publisher nicht verlangt werden.

Kaufpreis zurück?

Fraglich ist dann jedoch weiterhin, ob ein bereits gezahlter Kaufpreis zurückgezahlt werden muss. Dies richtet sich nach dem Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB. Hier ist streitig, ob für den Leistenden (hier dem Spieler), der ebenfalls gegen das Gesetz verstößt (§ 285 StGB), der Rückzahlungsanspruch ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist hierfür erforderlich, dass dem Leistenden in Bezug auf den Verstoß gegen das Gesetz durch ihn oder in Bezug auf die Sittenwidrigkeit eine subjektive Komponente unterstellt werden kann. Dies ist meines Erachtens abzulehnen, da der Spieler dieses Bewusstsein nicht hat und sich nach der bestehenden Rechtslage wohl auch nicht den Vorwurf machen lassen muss, dass sich ihm ein solches Bewusstsein hätte aufdrängen müssen.

Nimmt man diese juristischen Wertungen mithin ernst, so ist – sofern deutsches Recht anwendbar ist – der Anspruch auf Bezahlung von Lootboxen ausgeschlossen und wenn diese schon bezahlt sind, müsste das Geld zurückgezahlt werden. Dies gilt jedoch nur für handelbare (gegen Geld) Lootboxgegenstände/-inhalte.

Autorin: Prof. Dr. Martin Maties
Bilder: Adobe Stock | ZVG

Kommentar verfassen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert